
When we finally reached the edge of the dry deciduous forest, Amidou, our guide and somehow lonesome manager of Loky Manambato Protected Area, and his two friends, the Aye-Aye trackers, had already spotted the first group of Golden-crowned sifakas or Tattersall’s sifaka (Propithecus tattersalli) up in the branches of a grove of trees. We followed them in a hurry through high dried out grass, always looking up, following the graceful white lemurs with our eyes. That´s why we didn´t notice the family digging holes in a dried-out riverbed and searching the excavated material in a big pan for gold. And only a few metres above their heads, the Golden-crowned Sifakas were nibbling on the sweet yellow blossoms of a local tree. They seemed to know that it is fady, taboo, for the locals to harm or even hunt them.
Als wir endlich die Peripherie des Trockenwalds erreichten, hatten Amidou, unser Guide und so etwas wie der einsame Manager des Schutzgebiets Loky Manambato, und seine beiden Freunde, die Aye-Aye-Tracker, bereits die erste Gruppe Goldkronen-Sifakas (propithecus tattersalli) im Geäst einer Baumgruppe ausgemacht. Eilig stolperten wir hinter den dreien durch hohes vertrocknetes Gras hin zu den gewaltigen Bäumen, dabei den Blick stets nach oben gerichtet, um die anmutigen weißen Lemuren nicht aus dem Blick zu verlieren. So bemerkten wir auch erst im letzten Moment die Familie, die in einem beinahe ausgetrockneten Bachbett inmitten der Baumgruppe Löcher grub und den Dreck in großen Blechpfannen nach Gold durchsuchte. Und nur wenige Meter über ihren Köpfen naschte eine Gruppe Goldkronen-Sifakas von den süßen Blüten einer lokalen Baumart. Ihnen war scheinbar bewusst, dass es für die Einheimischen fady (tabu) ist, sie zu jagen.


In the morning, we had taken the worlds slowest and most run-down minibus for the 60 kilometres from Vohemar to the village of Daraina only three or four kilometres from Loky Manambato Protected Area. That this had been possible, especially on a rainy morning, is only because of the Chinese having fixed and upgraded the most notorious and feared dirt road in the whole country over the course of the last years. Among the locals it is said that they received concessions in exchange, for the exploitation of the rich gemstone and gold deposits along the now fast connection between Vohemar on the east coast and Ambilobe near the west coast.
Am Vormittag waren wir mit dem langsamsten und derangiertesten Minibus der Welt die knapp 60 Kilometer von Vohemar in das nur drei, vier Kilometer vom Schutzgebiet Loky Manambato entfernt gelegene Dorf Daraina gekommen. Dass wir das überhaupt an einem noch dazu ziemlich regnerischen Vormittag hatten schaffen können, war den Chinesen zu verdanken, die eine der berüchtigtsten Pisten des Landes in den vergangenen Jahren befestigt und ausgebaut haben. Dafür erhielten sie – dem Hörensagen unter den Einheimischen zufolge – weitreichende Konzessionen zur Ausbeutung der reichen Edelstein- und Goldvorkommen entlang der nun schnellen Verbindung zwischen Vohemar an der Ostküste und Ambilobe unweit der Westküste.

Initially, we had come to visit the last of the Golden-crowned sifakas, of which there are less than 10.000 individuals left in a highly fragmented habitat, threatened by man. They are endemic to the remains of the dry deciduous forest at the 2.500 square kilometres wide Loky Manambato Protected Area run by the private nature conservation organisation Fanamby. It is financed through tourism revenue, but there were only few guests passing by before the new road had been built. Then came Covid, and the Madagascan Government closed all borders. That´s why they never had infection rates like in Europe, but the tourism sector had been smashed to pieces.
Gekommen waren wir, um die letzten Goldkronen-Sifakas zu besuchen, von denen es noch weniger als 10.000 Exemplare gibt, in einem stark zersplitterten und durch den Menschen bedrohten Lebensraum. Sie leben ausschließlich in den Resten der Trockenwälder des etwa 2.500 km2 großen Loky Manambato Schutzgebiets, das von der privaten Naturschutzorganisation Fanamby geführt wird. Die Finanzierung stützt sich auf Tourismuseinnahmen, unter anderem aus dem Camp Tattersalli in Loky Manambato, doch Gäste gab es vor dem Bau der Straße nur wenige. Dann kam Corona, und die madegassische Regierung machte die Grenzen dicht. So hat der Inselstaat vor der Küste Ostafrikas bis heute keine schwereren Infektionswellen zu beklagen, aber der Tourismussektor wurde empfindlich getroffen.

Everywhere in the country, hotels had to close their doors, in many cases forever. All the people working with the tourists, all those drivers, guides or the hotel clerks and the people working in catering are affected. Driver and guide Solo with whom we had covered nearly 1.000 kilometres from the south back to the highland on our first visit to the island seven years ago, and whom we had met again by chance, told us that he had to sell his beloved car when there were no tourists anymore. Since early 2022 travellers are allowed to enter the country again. Solo is driving them now in a car borrowed from a friend.
Im ganzen Land hatten unzählige Hotels die Türen, zum Teil für immer, schließen müssen. Alle im Tourismus arbeitenden Menschen, alle Fahrer, all die Guides sowie die in Hotel und Gastronomie Beschäftigten waren betroffen. Fahrer und Guide Solo, mit dem wir bei unserem ersten Besuch auf Madagaskar sieben Jahre zuvor knapp 1.000 Kilometer vom Süden zurück ins Hochland gefahren waren und den wir in diesem Jahr zufällig wiedergetroffen hatten, berichtete etwa, dass er sein Auto hatte verkaufen müssen, als die Touristen ausblieben. Erst seit Anfang 2022 dürfen diese wieder einreisen. Solo fährt sie nun mit einem von einem Freund geliehenen Geländewagen.



The same with Camp Tattersalli at Loky Manambato which exists only on paper today. But the well-trained guide Amidou is still there, hoping for the new road to bring a constant stream of visitors. At the moment, accommodation exists only in Daraina in the form of the hotel Lémurien blanc, run and cooked for by kind Madame Eugénie. That´s where we had started in the afternoon, together with Amidou on his motorbike. A few kilometres west of Daraina we had met the two trackers, followed by a one-hour hike to the edge of the forest.
Auch das Camp Tattersalli in Loky Manambato existiert aktuell nur noch auf dem Papier, doch der bestens ausgebildete Guide Amidou hält weiterhin die Stellung und hofft, dass die neue Straße nun einen konstanten Strom an Besuchern bringt. Derzeit gibt es nur das einfache, aber von Madame Eugénie liebevoll geführte und bekochte Hotel Lémurien blanc in Daraina. Von dort waren wir am Nachmittag gemeinsam mit Amidou auf dem Motorrad aufgebrochen. Ein paar Kilometer weiter hatten wir die beiden Tracker getroffen und waren gemeinsam etwa eine Stunde bis zum Waldrand gewandert.





We had called a day before, so the trackers had the time to spy on some nests of the fabled and legendary hard-to-find Aye-Aye in the morning. Those extremely shy, nocturnal, and solitary living lemurs range through territories larger than 200 ha, in case of a male, the female territory is still 40 ha large. They have up to seven different nests that can be used by different animals at different times. There they sleep during daytime, only coming out after sunset to search for food. They knock on tree trunks with their extremely long and skinny middle finger in order to track small cavities. If they find one, they gnaw holes into the wood with their sharp incisors and pull out the caterpillar growing underneath the bark using the middle finger again, this time as some kind of hook. Astonishingly, a primate has hogged this niche in Madagascar, for there are no woodpeckers.
Da wir uns bereits am Vortag angekündigt hatten, hatten die Tracker am Vormittag die Gelegenheit gehabt, verschiedene Nester des sagenumwobenen und legendär schwierig zu findenden Aye-Aye Fingertiers zu beobachten. Die extrem scheuen, nachtaktiven Einzelgänger haben, im Falle der Männchen, Reviere von einer Größe von über 200 Hektar – bei den Weibchen sind es immerhin noch etwa 40 Hektar. In diesen verteilt liegen bis zu sieben Nester, die teilweise von mehreren Tieren zu verschiedenen Zeiten genutzt werden. Dort verschlafen sie den Tag und kommen erst nach Sonnenuntergang zur Nahrungssuche hervor. Mit ihrem langen, dürren Mittelfinger klopfen sie dabei Baumstämme auf Hohlräume ab. Werden sie fündig, nagen sie mit ihren spitzen Schneidezähnen ein Loch in das Holz und befördern die darunter heranwachsende Raupe hervor. Auf Madagaskar hat sich ein Primat diese Nahrungsnische gesucht, denn hier gibt es keine Spechte.


When crossing another camp of gold prospectors where the ground was full of holes, but without harming any tree, I looked down one of the many pits where someone was still working late in the afternoon. I saw a man happily waving at me, showing his best smile dominated by several tooth gaps. I found his gaiety quite bizarre, because this narrow, dark as well as completely unsecured pit seemed to me as the worst place to work on our planet in that moment. But even in Madagascar, gold prospectors are venturers.
Bei der Durchquerung eines weiteren ausgedehnten Goldsuchercamps, wo der Boden so weit das Auge reichte durchlöchert war, ohne dass jedoch die Bäume dabei beschädigt worden waren, wagte ich den Blick hinab in einen der Schächte, in dem so spät am Nachmittag noch gearbeitet wurde. Von unten winkte mir ein Mann fröhlich zu und zeigte mir sein von Zahnlücken dominiertes Lächeln. Seine Fröhlichkeit kam mir bizarr vor, da dieser enge, finstere und völlig ungesicherte Stollen für mich in diesem Augenblick der wohl fürchterlichste Arbeitsplatz auf Erden war. Aber auch auf Madagaskar sind Goldsucher Glücksritter.
































We ended up standing under an enormous tree staring at the ball-shaped collection of twigs and branches high up in the crown, Amidou and his friends took for an Aye-Ayes nest. We were still a bit sceptical, and that didn´t change when it turned darkest night in a matter of minutes. But at some point, they claimed that there would be an Aye-Aye up there, and we switched on our torches. And as a matter of fact, there it was, the Aye-Aye in the wild. The only reliable chance to spot Aye-Ayes is in a few zoos around the world and on Aye-Aye Island at the east coast, which belongs to a hotel where they lure the animals with coconuts for their visitors. But here it was out in the wild, the unicorn for wildlife photographers. What really surprised us, even the guides, was the second Aye-Aye, a young male, observing us from a tree on our way back. It even did some posing for the camera just like the first one. I hope, Loky Manambato is going to attract enough tourists to oust digging for gold as a source of income, because that could be the only way to preserve and protect the forest of gold in the long term.
Am Ende standen wir unter einem gewaltigen Baum und starrten die kugelige Ansammlung von Zweigen hoch oben in der Krone an, die Amidou und seine Freunde für das Nest eines Aye-Aye hielten. Wir waren da noch skeptisch. Was sich nicht legte, als es binnen weniger Minuten stockfinstere Nacht wurde. Doch irgendwann behaupteten die Drei, dass da oben ein Aye-Aye zu sehen sei, und wir schalteten gemeinsam unsere Taschenlampen ein. Und tatsächlich, da war es, das Aye-Aye, in freier Wildbahn. Verlässlich bekommt man dieses Tier sonst bloß in wenigen Zoos und auf der Aye-Aye-Insel an der Ostküste zu sehen, die zu einem Hotel gehört, wo die Tiere mit Kokosnüssen für Besucher angelockt werden. Aber hier war es, und es posierte sogar ein wenig für die Kamera. Das waren sie also nun, die Bilder vom Einhorn der Tierfotografen. Womit am Ende auch unsere Guides nicht gerechnet hatten, war ein zweites Aye-Aye, ein junges Männchen, das uns auf dem Rückweg von einem exponierten Ast aus beobachtete und sich genauso willig fotografieren ließ wie jenes zuvor. Ich hoffe nur, dass sich in Loky Manambato der Tourismus als Einnahmequelle gegen die Goldsuche durchsetzt, denn nur so wird der Wald des Goldes zu retten sein.
















In Gedanken mitgereist, um diese Schönheiten zu bewundern. Deine Berichte lese ich sehr gerne, ausgewogen, interessant und wie ich finde großartig auch deine Fotos – super
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Vielen Dank! Freut mich. Schönes Wochenende!
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